EDGAR LECIEJEWSKI — BREATHE IN / BREATHE OUT

Termine
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Oststraße 6
04317 Leipzig
Deutschland

Reudnitz-Thonberg (Südost)

Veranstalter:in
Barrierefrei?
Ja

Kurztext
Es klang wie eine Drohung, als Donald Trump nach einer Covid-19-Erkrankung im Oktober 2020 mit einer Massenveranstaltung seinen infektionsbedingt unterbrochenen Wahlkampf in Florida fortsetzte: „Ich werde jeden in diesem Publikum küssen. Ich werde die Kerle und die schönen Frauen küssen. Ich werde euch einfach allen einen dicken, fetten Kuss geben.“[1][1]  Der Skandal war kalkuliert, denn in Zeiten der Pandemie birgt ein Kuss mit Fremden (wie auch mit Freunden) durchaus ein hohes, womöglich sogar tödliches Übertragungsrisiko. Küsse – insbesondere die politischen –,[2]  daran erinnert diese Episode auch, waren vor der Pandemie eine alltägliche, aber wohl nie eine harmlose Sache. Genauso wenig übrigens wie das Händeschütteln, das der 45. US-Präsident während seiner Amtszeit in eine Art stummen Zweikampf auf der Weltbühne zu verwandeln wusste. All diese Gesten sind im Zuge neuer Hygieneregeln temporär größtenteils verschwunden und wurden durch distanzierte Formen der Begrüßung ersetzt.

 

Die gegenwärtige Situation wirft noch einmal ein besonderes Licht auf die neue Werkserie „breathe in / breathe out“ von Edgar Leciejewski, die dem Sonderfall der Begrüßung gewidmet ist, die sich mit dem kühlen Begriff „Politiker:innenkuß“ umschreiben lässt. Leciejewski stellt zweiundsiebzig Fotografien von Politiker:innen zu einer Bildfolge zusammen, die sich als Leporello inhaltlich-formal passend zu einer weltpolitischen Parade aufklappen lässt. Weil Leciejewski seine Bildauswahl auf den Zeitraum der vergangenen zwanzig Jahre beschränkte, lässt sich an der Serie mit den teilweise bizarren Fotografien unter anderem ablesen, dass der berühmte „sozialistische Bruderkuss“ unter Ostblock-Machthabern keineswegs einen historischen Sonderfall darstellt. Auch demokratisch gewählte Politiker:innen setzen auf die Symbolkraft des öffentlichen Küssens.

 

„Wer küsst,“ darauf wies vor einigen Jahren die Kulturwissenschaftlerin, Autorin und Höflichkeitsforscherin Claudia Schmölders hin, „erinnert mit dieser Gebärde vielmehr an einen ganzen Hof von Bedeutungen, denn sie stiftet neben der physischen auch eine semantische Synapse. Man denke nur an die Friedensküsse unter Königen, an kniefällige Handküsse von Päpsten, an Verzweiflungs- und Leidenschaftsküsse auf Kreuze, Bilder und Reliquien aller Art. Ein rituelles Ensemble aus unserer Kulturgeschichte, das sich sogar auf intime Beziehungen, familiäre und bürgerliche Szenen übertragen läßt: auf den Elternkuß, den Versöhnungskuß, den besiegelnden Kuß vor dem Standesamt und so fort.“[2] Mit breathe in / breathe out“ macht Leciejewski mit Hilfe der Fotografie klar, dass wir den Akt des Küssens nur zur Hälfte begreifen, wenn wir dabei ausschließlich an die Liebe und Zuneigung denken.

Kito Nedo

 

[1]„‚I’ll kiss everyone in that audience,‘ he said. ‚I’ll kiss the guys and the beautiful women. Just give you a big fat kiss.‘“ Zitiert nach: Maggie Haberman und Annie Karni, „At a campaign rally, Trump offers to give ‚a big fat kiss‘ to attendees“, New York Times, 12.10.2020, 
https://www.nytimes.com/2020/10/12/world/at-a-campaign-rally-trump-offers-to-give-a-big-fat-kiss-to-attendees.html.

[2]Claudia Schmölders, Claudia: „Auf weichen Küsse(n) gebettet“,. iIn: Alain Montandon,: Der Kuß. Eine kleine Kulturgeschichte,. Berlin: Wagenbach Taschenbuch 549, Berlin: 2006, S. 7–12, hier: S. 8.

 

Ausstellungsdauer
14. Oktober — 12. November 2021

Vernissage
14. Oktober, » 17 — 21 UHR

Öffnungszeiten
Mittwoch & Freitag » 14 — 17 H | Samstag 23.10. & 6.11. » 14 — 17 H,
sowie nach Terminvereinbarung per Kontaktformular, Email oder Telefon.

Ort
FANG Studio

Antik- & Kunstmetzgerei
Oststraße 6, 04317 Leipzig
@email
fang-studio.de
@fang__studio

Ausstellungsplakat
© Paul Altmann