Spazieren auf historischen Spuren
"Man sieht, was man weiß" - wer im Mai 2019 beim Stadtteilspaziergang durch das einstige Dorf Gohlis dabei war oder im September 2021 bei dem durch die einstige Kasernenstadt im Norden von Möckern und Gohlis, wird in Zukunft mehr sehen. Beide Male konnten wir die Stadtbezirkskonservatorin Annekatrin Merrem als kundige Führerin gewinnen. Nun wurde der Arbeitskreis Gohliser Geschichte außerdem unterstützt durch Karl-Heinz Kohlwagen vom Bürgerverein Möckern-Wahren, der in einem faktenreichen Vortrag mit zahlreichen historischen Fotos die wechselvolle Geschichte des Militärgeländes behandelte. Rund 40 Besucher waren dazu ins Infobüro des Magistralenmanagements Georg-Schumann-Straße gekommen, etwa die Hälfte beteiligte sich am anschließenden Rundgang. Beides gehörte zum Programm der diesjährigen Europäischen Mobilitätswoche.
Aus Kasernen, Ställen und Lazarettgebäuden...
Entstanden ist Sachsens zweitgrößter Kasernenkomplex zwischen 1875 und 1901. Einst waren hier ein paar Tausend Soldaten und Offiziere stationiert - zuerst der Reichswehr, später der Wehrmacht, nach 1945 der Sowjetarmee und der Nationalen Volksarmee. Hier wurden nicht nur Truppen untergebracht, verpflegt und gedrillt, hier wurde auch Brot gebacken, lagerte man Uniformen, hier standen Pferdeställe, Wagenremisen, Werkstätten und Wassertürme, hatten Militärbehörden ihren Sitz, ein Gericht, ein Lazarett.
... wurden Wohnhäuser mit Denkmalqualität
Heute wird nur noch ein kleiner Teil des Geländes von der Bundeswehr militärisch genutzt. Auf dem weitaus größeren Teil entstand in den vergangenen 15 Jahren ein neues Wohnquartier mehr als 2 000 Wohnungen - vermarktet unter exotischen Namen wie "Siebengrün", "Kaisergärten" oder "Parc du Soleil". Wie das geht, frühere Kasernen, Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude denkmalgerecht für heutige Wohnbedürfnisse umzubauen, das weiß Annekatrin Merrem aus eigener Erfahrung, denn sie hat viele der Projekte selbst betreut, mit Bauträgern um tragfähige Kompromisse gerungen. Etwa bei den Balkons. Kasernen kommen ganz gut ohne aus, hochpreisige Miet- oder Eigentumswohnungen dagegen nicht. Also gilt es, sie so zu integrieren, dass sie die hochwertige historische Architektur nicht bis zur Unkenntlichkeit verändern. Auch Spuren der Nutzungsgeschichte wurden erhalten, etwa Beschriftungen an Gebäuden des einstigen Lazaretts.
Spazieren auf den Spuren einer berühmten Musikerin
Anknüpfend an die guten Erfahrungen mit Bürgerspaziergängen lädt der Arbeitskreis Gohliser Geschichte auch künftig immer wieder dazu ein. Das nächste Mal schon Ende dieser Woche, dann auf den Spuren der berühmten Glasharmonika-Virtuosin Marianne Kirchgessner, die von 1800 bis 1808 im damaligen Dorf Gohlis wohnte. Wer schnell ist, kann sich noch anmelden (Gohliser Schlösschen, Telefon 0341 5861 5846). Treffpunkt ist am Sonnabend, 20. November, 11 Uhr in der Menckestraße vorm Eingang des Gohliser Schlösschens. Und für Mai 2022 planen wir einen Stadtteilrundgang auf den Spuren des Architekten Fritz Riemann.