Jane´s Walk - Zukunftsorte im Leipziger Osten

Jane´s Walk - Zukunftsorte im Leipziger Osten
Mo., 16.05.2022 - 22:06 von Gisela Ritschel
Stadtgebiet
Osten

Akteur(e)
Janes Walk
Stadtrundgänge
Parkbogen Ost
Quartiersschule
East Park
Sphere Radio

Vom 6. bis 8. Mai fanden in Leipzig in verschiedenen Stadtteilen thematische Spaziergänge statt mit der Bezeichnung Jane´s Walk. Namensgeberin ist die amerikanische Journalistin, Stadtforscherin und Aktivistin Jane Jacobs, die sich für ein Mitspracherecht der Bevölkerung bei der Gestaltung und Planung ihres stadtbaulichen Umfelds einsetzte.

 

Jane´s Walks werden zu Ehren von Jane Jacobs von einem weltweiten Netzwerk von Organisatoren durchgeführt. Für Leipzig ist das der FUSS e.V. Leipzig, eine Ortsgruppe des bundesweit aktiven Fachverbandes Fußverkehr, die erreichen will, dass das Zufußgehen in Leipzig angenehmer, gesünder und sicherer wird.

 

Logo Jane s Walk
Quelle: www.leipzig-zu-fuss.de

 

Jane´s Walk ist eine auf Nachbarschaftlichkeit basierende Annäherung an Stadtbau. Die von Ehrenamtlichen geführten Spaziergänge sollen den interessierten Menschen Raum geben für Beobachtung, Nachdenken, Austausch, Fragen und zur Vergegenwärtigung der Orte, an denen sie leben, arbeiten und spielen.

Auch im Leipziger Osten fand am 7. Mai ein solcher Spaziergang statt unter dem Motto "Zukunftsorte im Leipziger Osten rund um die Eisenbahnstraße". Geführt wurde der Spaziergang von Tobias Peter vom Pögehaus in der Hedwigstraße, wo der Weg auch seinen Anfang nahm.

 

Poege Haus Startpunkt
Foto: Gisela Ritschel

 

Der Erhalt des Pögehauses ist bürgerschaftlichem Engagemant zu verdanken. Das Gründerzeitgebäude, in dem sich bis in die 90-er Jahre die Firma Pöge-Druck, Büros und Wohnungen befanden, stand jahrelang leer und drohte zu verfallen. Nachdem das Haus für verschiedene Kunstprojekte genutzt worden war, entstand aus der Reihe der Akteure die Bürgerinitiative Pöge-Hausie.V. Eine von ihr gegründete Kultur- und Wohnprojektgesellschaft erwarb das Haus 2012 und führte umfangreiche Sanierungsarbeiten durch. 2014 konnte es eingeweiht werden. Heute befinden sich im Erdgeschoss Veranstaltungs- und Gemeinschaftsräume, die oberen Etagen belegen Büros und Wohnungen. In seinen Projekten setzt der Verein einen Schwerpunkt auf selbstbestimmte Beteiligung und Bildung.

Vom Pöge-Haus ging es die Meißner Straße entlang über die Hermann-Liebmann-Straße in die Schulze-Delitzsch-Straße. Dort liegt eine größere Brachfläche, die die Deutsche Bahn als Ausgleichsfläche für Bodenversiegelung andernorts beräumt und als Urbanen Wald bepflanzt hat.

 

East Park - Gewerbwand
Foto: Gisela Ritschel

 

Anwohner wünschen sich hier einen selbstverwalteten Bürgerpark und haben das Gelände zum Zukunftsschutzgebiet erklärt. Auf Druck von verschiedenen Initiativen wie dem Aktionsbündnis EastPark und Parteien hat die Stadt die Fläche gekauft und damit dem Immobilienmarkt entzogen. Jetzt soll hier der lange gewünschte Park für den Stadtteil Volkmarsdorf entstehen mit Bereiche für Spiel- und Aufenthaltsfunktion. Vorgesehen ist, dass Bürger am konkreten Planungsverfahren partizipieren sollen.

 

East Park
Foto: Gisela Ritschel

 

Zur Zeit wird das Gelände hauptsächlich als Hundewiese genutzt, oder Leute treffen sich zum Chillen. Leider haben es die kleinen von der Bahn gesetzten Pflänzchen schwer, sich gegen achtloses Betreten der Besucher durchzusetzen.

 

Bepflanzung East Park - Park der Vielen
Foto: Gisela Ritschel

 

Die nächste Station des Spaziergangs war das ehemalige "Kino der Jugend" an der Eisenbahnstraße, wo die Gruppe von Winfried Endres und Daniel Schade begrüßt wurde. Die beiden sind Mitglieder der "IG Fortuna - Kino der Jugend", die sich für die Rettung des Kinos einsetzt.

 

Kino der Jugend
Foto: Gisela Ritschel

 

Ursprünglich war der 1865 errichtete Backsteinbau Teil der „Gasanstalt für die östlichen Vororte Leipzigs“. 1928 wurde er zum Kino umgebaut und mit einer repräsentativen Art Déco-Fassade versehen. Mit 1000 Sitzplätzen gehörte das "Fortuna" zu den größten Lichtspielhäusern Leipzigs. Von 1946 bis zu seiner Schließung hieß das Filmtheater „Kino der Jugend“. Seit 1987 steht das denkmalgeschützte Gebäude leer.

Um dem dramatischen Verfall entgegen zu wirken formierte sich 2015 aus der Bürgerschaft die IG Fortuna mit dem Ziel, die denkmalgeschützte Bausubstanz am Standort zu erhalten und den alten Kinosaal als multifunktionalen Kulturraum wiederzubeleben. Anhand eines Modells erläuterte Endres die Entwicklung des Vorhabens.

 

Modell Kino der Jugend - IG Fortuna
Foto: Gisela Ritschel

 

Weiter ging es auf der Eisenbahnstraße Richtung Osten zur ehemaligen S-Bahnbrücke, von wo aus man auf den Sellerhäuser Viadukt gelangt. Dort erwartete René Zieprich vom Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung die Gruppe. Zieprich ist verantwortlich für das in die Zukunft reichende Gesamtprojekt Parkbogen Ost und somit kompetenter Begleiter bei der Begehung des Teilabschnitts "Aktivband Sellerhäuser Bogen". Dieser erstreckt sich von der Wurzener Straße bis zur Zweinaundorfer Straße und verläuft auf der Dammkrone der ehemaligen S-Bahnlinie sowie den angrenznden Seitenbereichen.

 

Viadukt - Parkbogen Ost
Foto: Gisela Ritschel

 

Für die Gestaltung wurde ein Wettbewerb ausgelobt, den das Büro SINAI aus Berlin gewann. Der Entwurf sieht eine vielgestaltige Parklandschaft vor mit Fuß- und Radweg und Zonen für Aktivität oder Ruhe. Das Vorhaben ist aktuelles Schwerpunktprojekt der Stadt Leipzig und wird durch verschiedene nationale und europäische Programme gefördert.

Auf dem Viadukt angekommen beantwortete Zieprich Fragen zur Bepflanzung, Technik, Sicherheit und späteren Nutzung des Parks. Im Weitergehen genossen die Wanderer das spektakuläre Panorama nach allen Seiten und entdeckten am Horizont bekannte Landmarken.

 

Blick auf Quartiersschule in der Rietschkeaue Ihmelstraße
Foto: Gisela Ritschel

 

In der Mitte des Bildes erkennt man das Dach der alten Hermann-Liebmann-Schule, davor einen der Neubauten der Ihmelsschule. Am Horizont zeichnen sich links der Turm des Neuen Rathauses und der Uniriese ab, in der Mitte das Wintergartenhochhaus, rechts das Westin-Hochhaus und der Turm der Lukaskirche.

 

Bahndamm - Parkbogen Ost
Foto: Gisela Ritschel

 

Über Stock und Stein ging es weiter zur nächsten Station, der Alten Feuerwache Ost, wo der OSTWACHE Leipzig e.V. ansässig ist. Der Verein engagiert sich für eine Umnutzung der Feuerwache als zuküftiges Nachbarschaftszentrum. Hier wird am 14. Mai 2022 der "Tag der Städtebauförderung" gefeiert unter dem Motto "Rund um den Parkbogen Ost" mit einem reichhaltigen Programmangebot.

 

Ostwache
Foto: Gisela Ritschel

 

Auf dem weiten Platz vor der Feuerwache steht der Container, in dem das Studio des Sphere Radio e.V. untergebracht ist. Aber nicht nur die Sendestation, sondern auch ein kleiner Kiosk, in dem Pascal und seine Freunde Getränke anbieten. Das bot den Spazierern Gelegenheit für eine kleine Pause.

 

SphereRadio Container Ostwache
Foto: Gisela Ritschel

 

Für Sphere Radio ist die Zukunft Gegenwart. Mit Live-Beiträgen und Reportagen werden die Hörer aktuell über lokale Ereignisse informiert. Die Partizipation unterschiedlichster Interessengruppen ist ausdrücklich erwünscht. "Wir wollen neues ausprobieren und eine Plattform zum gemeinsamen Experimentieren bieten. Radio als Stimme."

Erfrischt und gestärkt setzte die Gruppe ihren Weg fort quer durch Anger-Crottendorf zur Baustelle der Ihmelsschule. Teile der Gebäudegruppe stehen vor der Fertigstellung.

 

Ihmelstraße Quartiersschule
Foto: Gisela Ritschel

 

Ulrike Gebhardt vom Stadtbezirksbeirat Ost erklärte die Funktionen des zukünftigen Mehrzweckbaus.

 

Ihmelstraße  Quartiersschulbau
Foto: Gisela Ritschel

 

Die Ihmelsschule ist als offene Schule konzipiert. Nicht nur Schüler und Eltern, sondern alle Bewohner des Quartiers sollen sich den Ort aneignen, um ihn für eigene Veranstaltungen zu nutzen. Externe Kooperationspartner wie Quartiersmanagement, Vereine, VHS und sonstige Projektträger können mit ihren Angeboten hier in die Schule kommen. So soll durch Kooperation von OS und Gymnasium und zusätzlichen Einrichtungen eine lebendige Campusstruktur entstehen. Die Stadt unterstützt diese Projektidee.

Da nicht alle, die bis hier am Spaziergang teilgenommen hatten, zurück zum Pöge-Haus wollten, verabschiedete man sich hier an der Wurzener Straße - bis zum nächsten Jane´s Walk.

 

Gisela Ritschel - Reisegruppe Janes Walk Ost
Foto: Gisela Ritschel

 

Mitspaziert waren Matthias Petzold (Helden wider Willen e.V., Aktionsbündnis EastPark), Tobias Peter (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat), Thorsten Mehnert (Bürgerbahnhof Plagwitz, Stiftung Ecken wecken) und Ulrike Gebhardt (Stadtbezirksbeirat Ost).

 

Text und Fotos: Gisela Ritschel
Logo: www.leipzig-zu-fuss.de